Thinking, Fast and Slow von Daniel Kahnemann stand schon länger auf meiner Wunschliste. Von vielen Seiten wurde mir versprochen, dass es genau dieses Buch ist, was angehende Wissenschaftler lesen sollten. Also habe ich es mir vorgenommen und geschaut, ob es hält, was viele Kollegen versprochen haben.
Das Buch beginnt mit einer Einführung zu den beiden System, also dem mehr affektiv handelnden System I und dem langsamen und faulen System II. Zweiteres ist jedoch dazu ausgelegt, komplex zu denken und Fakten zu checken. Wie umfangreich und aufwändig ist das die Benutzung von System II und wie oft nutzt man es? Das Gehirn ist eine assoziative Maschine (er nennt es so, allerdings ist Maschine ein sehr technikorientiertes Wort, assoziatives System wäre hier etwas abstrakter und würde für weniger Verwirrung sorgen). Das Kapitel beschäftigt sich außerdem damit, wie wir Entscheidungen treffen und welche weiteren Optionen zur Entscheidungsfindung existieren.
Das ganze Buch ist durchzogen mit kurzen Beispielen, um den Leser ebenfalls bei einigen Denkfehlern zu ertappen. Im zweiten Kapitel geht es um Statistiken und Denkfehler, die vor allem dabei passieren, wenn man mit kleinen Zahlen und Mengen auf Größere schließt oder wenn Emotionen sowie persönliche Präferenzen im Spiel sind. Risiken werden oftmals von uns unterschätzt, weil wir in die Vergangenheit schauen und meist annehmen, wir würden alle Parameter kennen. In der Wissenschaft nennt sich dieser Effekt „Overconfidence“. Das ist auch der Titel des 3. Kapitels, das sich mit den Illusionen und dem Verstehen der Umwelt beschäftigt. Eine wertvolle Quintessenz aus diesem Teil des Buches wird schnell klar. Wir benötigen sehr oft eine vertrauensvolle aber ehrliche Sicht von außen, die uns hilft unsere Entscheidungen zu reflektieren. Nach diesem Exkurs über die Wahrnehmung geht es um die Wahl. Eine Wahl zu haben, bedeutet zu allererst, dass man mehrere Optionen zur Auswahl hat. Es werden Theorien und Fallstricke vorgestellt, die uns bei der Entscheidung zwischen mehreren Optionen im Wege stehen. Welche Fragen zu stellen sind, um diesen Fallstricken zu entgehen sind, verrät das Buch auch. Im generellen spielt die Wahrnehmung und die Warhnehmungstäuschung in diesem Buch eine große Rolle. Ein Abschnitt in diesem Kapitel handelt beispielsweise von Framing und wie verschiedene Frames die Realität verändern. Das letzte Kapitel stellt danach die beiden Persönlichkeiten vor, die in einem Menschen wohnen. Auf das wesentlichste reduziert, kann man sagen, die erste Persönlichkeit ist ein emotionaler und affektive Entscheider. Im Gegensatz dazu ist die andere Persönlichkeit eher ein rationaler Denker, der andere aber nur bedingt bessere Entscheidungen trifft. Zudem verbraucht der rationale Denker sehr viel Energie und Aufmerksamkeit.Was kann ich daraus lernen?
Nach dem Lesen des Buches stellt man auf jeden Fall fest, dass man bewusster entscheidet. Man denkt fast automatisch darüber nach, ob System I oder II eine Entscheidung getroffen hat und was der richtige Weg gewesen wäre. Außerdem analysiert man Fallstricke häufiger, lässt sich für Entscheidungen mehr Zeit und kann nach der Entscheidung seine Argumentationslinie sauberer darlegen. Vieles war für mich nicht neu, die Fakten und Biases existieren schon länger, allerdings macht zusätzlich zum präsentierten Wissen die Erfahrung des Autors und Nobelpreisträgers Daniel Kahnemann das ganze Buch zu einem runden Konzept. Er schreibt einige Erkenntnisse aus seiner persönlichen Sicht und zeigt auch auf, was der Ausgangspunkt für dieses oder jenes Experiment war. Besonders als (werdender) Wissenschaftler liest sich das Buch sehr spannend.
Take-Away: Was bleibt?
- Mach dir klar, dass du immer die Wahl hast, zwischen affektivem und bewussten Entscheiden zu wählen.
- Denke immer über mögliche Fallstricke nach, die deine Entscheidungen negativ beeinflussen können.
- Prüfe Risiken, die aus deinen Entscheidungen folgen können.
- Sei dir bewusst, das du prinzipiell immer zu wenig Informationen hast, um dich richtig zu entscheiden.
- Lerne deine Entscheidungen einzuschätzen. Agierst du eher risikoavers oder verlustavers? Und warum ist das so? Reflektiere die Entscheidungen, um festzustellen, was dir deinen Entscheidungen zugrunde liegt.
- Erlaube dir selbst, mehrere Entscheidungen durchzuspielen und in jeder die positiven sowie negativen Aspekte zu sehen.